Die Fernsehdokumentation zum Gruytbier 1322 findet ihr hier:

Ritterrausch:

Die Schlacht bei Ampfing

Ritterrausch Folge 3

ab 2.32 und ab 4:32 geht es um's Gruytbier

Gruytbier wie aus dem Jahr 1322 – Was das Gebräu für die „Schlacht bei Ampfing“ so besonders macht

10.08.2022 Von Rita Stettner

 

Im Juni wurden im österreichischen Braunau zehn Hektoliter „1332-Ritter Schärdingen“ gebraut. So speziell ist das Bier.

Ampfing – Die Idee kam 1322-Doku-Meister Rainer Stöger bei einem gemeinsamen Brautermin mit Biersommelier Klaus Illguth aus Taufkirchen.

Wie hat das Bier wohl 1322 geschmeckt, fragten sie sich? Natürlich hatte der Biersommelier die passende Antwort parat, sogar in Flaschen abgefüllt. Ein sogenanntes Gruytbier, ein Kräuterbier.

Das Reinheitsgebot gab es damals noch nicht. Hopfen war zwar bekannt, und Hildegard von Bingen warb für die Zugabe beim Bierbrauen, die Geschmackszutat waren aber verschiedenste Kräuter. Die Idee reifte also, und im Juni wurden im österreichischen Braunau zehn Hektoliter „1332-Ritter Schärdingen“ gebraut. Das obergärige Bier besitzt fünf Prozent Alkohol und hat eine Stammwürze von 12°P.

 

Warum in Österreich? Weil es in Bayern nicht möglich ist, da das bayerische Reinheitsgebot sehr strikt ist und keine Ausnahmen zulässt, so Rainer Stöger. „Aber historisch gesehen haben wir schon in Bayern gebraut, denn Braunau war damals sehr bayerisch.“

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Martin Seidl (links) und Klaus Illguth überzeugen sich von der Farbe und später vom Geschmack des Kräuterbieres.

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Keine Ausnahme vom Reinheitsgebot

Zum anderen aber auch, weil beim Braunauer Brauhaus Haselbach mit Martin Seidl ein Freund von Klaus Illguth Braumeister ist und der 1000-Liter-Braukessel die optimale Größe hatte. Die Rezeptur ist natürlich geheim. Nur so viel soll verraten sein: Hopfen ist eine Handvoll dabei, der Geschmack kommt aber durch Gundermann, Weidenrinde und Gagel. Im 13. Jahrhundert war Gruytbier auf dem Höhepunkt seiner Popularität. Viele deutsche Städte hatten einen Gruytherr, der über die genaue Zusammensetzung der Gruyt wachte. Er war zugleich der höchste Finanzbeamte der Stadt.

Aber auch in den Niederlanden, Belgien, England und Schottland wurde Gruytbier gebraut und getrunken. Gruyt war im Mittelalter ein gesundes Bier aus Kräutermischungen. Die Hauptbestandteile dieser Mischungen waren oftmals Gagel und Sumpfporst. Der mittelgermanische Name von Sumpfporst ist „Gruyt“. Deshalb wurden und werden die Begriffe „Gagel“ und „Porst“ oft synonym für „Gruyt“ verwendet.

 

Kräuter bringen Geschmacksvielfalt

Als Gruytbier wird ein Bier bezeichnet, das neben Hopfen auch andere Pflanzen oder Kräuter enthält oder sogar komplett ohne Hopfen gebraut wird. Insofern ist es streng genommen falsch, hier von einem Bierstil zu sprechen. Gruytbiere haben jedoch alle eines gemeinsam: Sie ersetzen entweder ganz oder teilweise den Hopfen im Bier. In den vergangenen Jahren ist das Interesse an Gruytbieren wieder gewachsen. Weltweit machen sich Brauer daran, den Kräuterbieren neues Leben einzuhauchen.

Die Gründe hierfür sind vielfältig: Geht es den einen vorrangig um die Tradition, stehen bei anderen die gesundheitlichen Aspekte früherer Braukräuter im Mittelpunkt. Wieder anderen geht es vor allem um die geschmackliche Vielfalt, die mit den Bieren erzielt werden kann.

 

Wer sich geschmacklich von dem Bier überzeugen möchte, hat die Gelegenheit beim kleinen Lagerleben – jeweils zu den Aufführungen von 1322 – das historische Gruytbier bei dem Ampfinger Grytherrn Rainer Stöger zu probieren. Der edle Tropfen wird am Stand der freien Tagwerk-Ackerer und Gruytbiersuderer ausgeschenkt, wo die Öko-Modellregion Mühldorfer Land zusammen mit dem Tagwerk-Förderverein einen kleinen Einblick in die damalige Landwirtschaft gibt und neben alten Kulturpflanzen auch das Handwerk des Bäckers zeigt.

Zeitschrift "Lust auf Genuss" 05/2018

Biercocktails

 

 

 

Biobier aus Urgetreide wie Emmer und Einkorn – wie man das daheim in der Küche herstellen kann, zeigte Klaus Illguth bei einem Braukurs im Gasthaus Maier in Gallenbach.

 

 

 

 

Taufkirchen – Klaus Illguth braut seit mehr als zehn Jahren sein eigenes Bier. Dieses Wissen möchte er an andere Bierliebhaber weitergeben. Aus diesem Grund bietet der geprüfte Biersommelier aus Taufkirchen Degustationen, Culinarien und Braukurse an.

So wurde die Küche des Gasthauses Maier mit freundlicher Unterstützung von dem Wirtsehepaar Hilarius und Claudia Häußler für zwölf Bierbegeisterte Teilnehmer zu einer kleinen Hobbybrauerei umfunktioniert. Die Bierliebhaber durften ihr eigenes Urgetreide- und Biobier unter professioneller Anleitung herstellen, während das Ehepaar Häußler für das leibliche Wohl sorgte.

Dass Bierbrauen nicht nur reine Männersache ist, bewies Simone aus Mühldorf am Inn. Die junge Frau war so sehr von dem Braukurs begeistert, dass sie sich sicher ist, sich selbst einmal in der heimischen Küche als Hobbybrauerin zu versuchen. Laut Klaus Illguth besuchen überwiegend Männer seine Braukurse. Am liebsten trinken und brauen seine Besucher Urgetreidebier. „Das ist total angesagt bei den Leuten. Urgetreide ist gesünder, gehaltvoller und auch sehr vielfältig im Geschmack. Das normale Bier mögen sie nicht mehr so“, erklärt der Biersommelier, der gerne auch eigene Rezepte für neue Biersorten entwickelt.

Doch damit der Gerstensaft auch wirklich schmeckt, erfordert das Bierbrauen einiges an Wissen, Ausstattung, Zeit und Experimentierfreudigkeit. Die Kursteilnehmer waren sichtlich überrascht, wie sauber, genau und intensiv gearbeitet werden muss, damit ein Sud gelingt.

 

Der „Meister“ selbst zeigte, dass Konzentration ein weiterer sehr wichtiger Punkt beim Brauen ist. Eine Zutat zu viel dazu gegeben, die falsche Menge verwendet, den Sud nicht lange genug gekocht, Temperatur nicht eingehalten oder nicht ausreichend umgerührt sind nur einige Beispiele, die dafür sorgen, dass das Gebräu schnell ungenießbar werden kann.

Klaus Illguth begeisterte die Teilnehmer nicht nur durch sein umfangreiches Wissen, sondern auch mit seinen mitgebrachten Bieren aus dem letzten Braukurs im Sommer. Während der Sud köchelte, erzählte er bei einer gemütlichen Brotzeit Interessantes aus der Geschichte des Bieres. Nach Einführung des Reinheitsgebots im Jahr 1516 gerieten die historischen Biere in Vergessenheit. Ziel von Illguth sei es ganz besonders, diese urtypischen Biere wieder neu zu beleben. Dazu zählen unter anderem Kräuterbiere, Sauerbiere und Gose Biere (im Mittelalter als „deutscher Champagner“ bezeichnet). Diese Biere sind heutzutage jedoch nur sehr schwer zu finden. „Es ist eine große Herausforderung für jeden Bierbrauer, ein Bier herzustellen, das es vor mehr als 1000 Jahren gab“, erklärt Illguth.

Gegen Ende des Kurses wurde der Gäreimer mit dem kostbaren Sud fest verschlossen.

„Nun muss das selbst gebraute Bier erst einmal sieben bis zehn Tage gären, bevor man es in Flaschen abfüllen und etikettieren kann“, erfuhren die Teilnehmer. Sie freuen sich jetzt schon darauf, wenn es so weit ist und sie ihr Werk verkosten dürfen.

„Ich hab ein sehr gutes Gefühl, dass auch dieses Bier gelungen ist“, zeigt sich Illguth zuversichtlich.

 

Simone aus Mühldorf war die einzige weibliche „Brauerin“ und ließ sich gerne zeigen, wie exakt die Wissenschaft des Sudherstellens ist.

Kirsten Maier 17.03.2018